« Vorherige Meldung Gesamtübersicht Nächste Meldung »  

Bronze: Jubel um Säbelfechter Wiradech Kothny

Bericht in der Rhein-Zeitung von Volker Held

„Von Kopf bis Fuß elektrisiert”

Diese Bronzemedaille ist eigentlich Gold wert: Wiradech ”Willi” Kothny aus Koblenz ist der erste deutsche Säbelfechter, der mit olympischem Edelmetall ausgezeichnet wird.

Als sich Vater und Sohn auf der Final-Planche in den Armen lagen, wussten sie, dass sie gemeinsam etwas Großes erreicht hatten. Große Worte waren in diesem Moment nicht erforerforderlich, das Resultat auf der Anzeigetafel sprach für sich. Mit dem 15:11 über Domonkos Ferjancsik (Ungarn) setzte Wiradech ”Willi” Kothny der deutschen Säbelfechtkunst ein Denkmal: Er hatte die erste olympische Medaille mit dieser Waffe überhaupt gewonnen.

Kothny jr. genoss den Triumph in vollen Zügen, die deutsche Mannschaft ließ ihn hochleben, als Vater Erik sich heimlich, still und leise wieder unter das zuschauende Volk mischte, obwohl ihm doch als dem perfekten Vermarkter und Organisator der Aktivitäten seines Sohnes ebenfalls eine Auszeichnung gebühren würde. Wie er den Durchbruch als „normaler” Fan durch den Ring der Sicherheitskräfte geschafft hatte, blieb sein Geheimnis. „Der hat genau so einen starken Willen wie ich,” erklärte der Junior lapidar.

"Das ist supi-dupi"

„Von Kopf bis Fuß elektrisiert” war Kothny, von zahlreichen Zuschauern lautstark mit „Willi-Willi- Rufen” gefeiert, im kleinen Finale. „Ich wollte unbedingt eine Medaille, ich habe eine Medaille gewonnen. das ist supi-dupi”, stammelte er immer wieder ungläubig, als er nassgeschwitzt und wie in Trance durch das Spalier der zahlreichen Kameras in Richtung Athleten- Aufenthaltsraum ging. Dass von Fechter-Bund-Präsi- dentin Erika Dienstl bis Eberhard Mehl, Kothnys Heimtrainer bei der Fechtgemeinschaft CTG Königsbacher SC Koblenz, alle schier aus dem Häuschen waren, wer kann es ihnen verübeln. Für Mehl schloss sich mit Kothnys Erfolg sogar ein Kreis. 1960 hatte der Coach ebenfalls Bronze mit dem Florett in Rom geholt.

Trainer Mehl ließ ihn in Ruhe

„Ein Super-Gefecht von Willi”, jubelte Mehl mit Tränen in den Augen, als er von der Gratulationscours auf der Planche zurückgekehrt war. Die Anspannung des gesamten Tages war mit diesem einem Treffer von ihm gewichen, Stunden des Zitterns endlich beendet. Selbst in der gut zweistündigen Pause zwischen Viertel- und Halbfinale gab es keinen Kontakt zwischen Lehrmeister und Schüler. „Wir haben uns nicht gesprochen, er will eigentlich immer in Ruhe gelassen werden”, sagte Mehl.

„Muskeln warmhalten”

Kothny jedenfalls hatte offenbar das passende Rezept zur Überbrückung dieser Warterei gefunden: „Angst runterfahren und immer wieder Aufwärmen, die Muskeln warmhalten”. Gegen Ferjancsik bot er eine Klasse- Gefecht. Für Mehl war klar, dass er im Halbfinale „mit so einer Leistung gegen Mihai Claudiu Covaliu” auf jeden Fall gewonnen, den Endkampf erreicht hätte. So aber stand eine 12:15-Niederlage zu Buche, die Mehl in der ”Mitte des Kampfes” begründet sah, als Kothny sich „hätte länger machen müssen.” Da sei Covaliu im „Abstandsgefühl überlegen gewesen.”

Auftakt gegen Lehmann: „Das war Nervenkrieg”

Dass Kothny jr. den starken Willen von Kothny sen. hat, zahlte sich bereits im ersten Kampf gegen den Mannschaftskollegen Eero Lehmann aus. „Das war purer Nervenkrieg”, blickte Vater Kothny auf die sieben Tage zwischen Auslosung und Wettkampf-Beginn zurück. „Beide trainieren zusammen, beide kennen sich in- und auswendig. Wir wussten wirklich nicht, wie stark Eero ist. Er hätte ja auch bluffen können.” Das wiederum tat Lehmann beim 8:15 offenbar nicht. Für Kothny jun. war dies der Beweis, dass die „Einstellung, weit zu kommen, da war.” Und die trug ihn bekanntlich bis in die Arme seines Vaters.


  « Vorherige Meldung Gesamtübersicht Nächste Meldung »