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Diese Medaille war
„schon lange fällig”
Wolfgang Wienand holte Bronze mit dem Florett bei der WM in Seoul


Bericht von Dirk Kurz in der Rhein-Zeitung, 04.11.1999

Seoul:Vielversprechender Auftakt für den Deutschen Fechter-Bund bei der WM in Seoul: Am ersten Finaltag gewann der Bonner Florettspezialist Wolfgang Wienand mit der Bronzemedaille das erste Edelmetall.

Das Ende war dann doch ein wenig deprimierend. Als Wolfgang Wienand seine Maske ein letztes Mal vom Gesicht nahm, da hatte der Florettfechter aus Bonn bei der WM in Seoul gerade die Bronzemedaille gewonnen. Der Jubel fiel jedoch recht dürftig aus, zu sehr ließ sich der Endstand des verlorenen Halbfinalgefechtes gegen Sergej Golubitzky als Deklassierung interpretieren. 15:3 gewonnen hatte der Ukrainer, der sich anschließend auch vom Italiener Matteo Zennaro nicht von seiner erfolgreichen Titelverteidigung abhalten ließ.

„Es war eine konzeptinelle Niederlage. Ich bin mit der falschen Taktik ins Gefecht gegangen.”, kritisierte Wienand seine eigene Vorstellung auf der Planche. „Um gegen Sergej zu gewinnen, muss man ihn mit Druck belegen. Er ist sonst einfach zu fintenreich.” Derlei ist in den zurückliegenden Jahren allerdings kaum jemanden gelungen. Golubitzky gewann seit 1992 fünf Mal den Gesamt-Weltcup, holte in Barcelona Silber und kam als zweimaliger Weltmeister (1997/1998) nach Südkorea.

Nun erkannte Wienand auch positive Aspekte seines ersten Arbeitstages in Seoul. Immerhin war das Bronzestück seine erste Medaille bei einem derartigen Championat, eine, die „schon lange fällig war. Immerhin bin ich jetzt schon vier Jahre in der Weltspitze.” Und wenn sein Erfolg die Initialzündung für die deutsche Mannschaft werden könnte, „dann wär‘ das ja auch nicht schlecht”.

Anfang des Jahres hatte Wienands Welt noch alles andere als rosig ausgesehen; die Perspektive, in Seoul seine dritte WM bestreiten zu können, war für den Olympia-Vierten von Atlanta auf Null gesunken. Im November hatte er im Training einen Bandscheibenvorfall erlitten, der nach einem Rückfall operativ behoben werden musste. „Es war sehr schwer, feststellen zu müssen, dass der Körper mit einem Mal nicht mehr funktioniert, wie man es will. Nach der Operation war ich mir aber schnell klar, dass ich meine Leistung wieder bringen kann”, gab Wienand nach dem Happy End zu Protokoll.

Die Sonderregelung, die sich der Deutsche Fechter-Bund für den Rekonvaleszenten ausgedacht hatte, musste der Bonner jedenfalls nicht in Anspruch nehmen. Im April stieg er wieder in den Weltcup-Zirkus ein, fünf Starts reichten aus, um an die Spitze der deutschen Rangliste zurückzukehren und regulär das Ticket für Südkorea zu lösen. „Wolfgang geht”, sagte sein Heimtrainer Frank Höltje, „eben sehr akribisch und effizient vor”.

Desgleichen tat es in Seoul aber auch der alte und neue Weltmeister. „Er hat in den letzten Jahren gelernt, dem jeweiligen Gegner seinen Stil aufzudrücken. Als ich im Rückstand war, brauchte er nichts mehr zu machen und konnte nur noch abwarten”, gestand Wienand ein. Wobei ihn die neurliche Niederlage gegen Golubitzky - der Ukrainer hatte den Bonner in Atlanta um Bronze gebracht - keinesfalls umwerfen werde, „sie ist vielmehr Ansporn, sich zu überlegen, wie man es in Sydney besser machen kann.”


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