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Die jungen Talente und die alten Säcke
Säbelfechter sind optimistisch - trotz des Ärgers um Kothny

Artikel von Wolf Günthner in der Stuttgarter Zeitung, 22.02.2001

Vor dem Weltcupturnier der Säbelfechter am Wochenende in Eislingen macht sich der Bundestrainer vor allem Gedanken um seinen Star Wiradech Kothny. Der Koblenzer hat seinen Fechtklub verlassen - und einen neuen Verein gegründet.

Dem Bundestrainer Joachim Rieg ist derzeit nicht nach Säbelrasseln. Seine Fechter, die in Sydney mit zwei Bronzemedaillen zu den erfolgreichsten zählten, geben sich momentan viele Blößen. Einige haben private Probleme, andere stellen Schule oder Studium in den Vordergrund - und der Vorzeigemann Wiradech (Willi) Kothny hängt sogar regelrecht in der Luft. Der Europameister von 1999 und zweimalige Bronzemedaillengewinner bei Olympischen Spielen hat sechs Monate vor der Europameisterschaft die Fechtgemeinschaft CTG Königsbacher im Streit verlassen und gemeinsam mit seinem Vater und Manager Erik einen neuen Klub gegründet: den Fecht- und Kampfsportclub Koblenz. Noch startet der 21-Jährige für den alten Verein, mit dessen Funktionären sich Vater und Sohn verkrachten - weil Kothny sonst gesperrt werden müsste.

Die Querelen hatten bereits vor Sydney mit der Entmachtung von Erik Kothny in der Fechtgemeinschaft begonnen; dabei war es pikanterweise der mitunter unbequeme und aneckende Adoptivvater von Wiradech gewesen, der 1999 die Europameisterschaft nach Koblenz geholt hatte. Die Aussagen des Fechters in einem SWR-Interview sollen dazu geführt haben, dass die FG ihr Aushängeschild nicht mehr zu Turnieren gemeldet hatte. Dies blieb für ihn aber ohne Konsequenzen, denn als Ranglistenfechter kann Kothny auch vom Deutschen Fechter-Bund auf Turniere geschickt werden. Mehr schmerzte Kothny, dass auch Eberhard Mehl ein Opfer des Funktionärsstreits wurde: Dem Olympiadritten von Rom, Entdecker und Trainer von Willi, wurde untersagt, weiter Kothny zu trainieren. Dessen Coach ist nun Somkhit Phongyoo, sein Cousin. Dem Thailänder wurde allerdings deswegen auch von der FG Koblenz gekündigt. „Wenn ich mit meinem Mungosprung in der Luft hänge, bin ich am gefährlichsten. Vielleicht ist das auch so, wenn ich vom Verein hängen gelassen werde”, sagt Willi Kothny trotzig.

Der Bundestrainer Rieg beobachtet kritisch die Entwicklung in Koblenz, wo neben Kothny mit den Bauer-Brüdern zwei weitere hoffnungsvolle Fechter zu Hause sind. „Das kommt wieder in die Gänge”, glaubt der Eislinger. Obwohl seine Olympioniken - Kothny macht Abitur, Alexander Weber und Eero Lehmann forcieren ihr Studium und Michael Huchwajda konzentriert sich auf Diplomarbeit und Beruf - derzeit mehr abseits der Planche agieren, haben sich andere mit dem Säbel durchgefochten. „Es
freut mich, dass einige in die Bresche gesprungen sind”, sagt Rieg und lobt seine Eislinger Philipp Grimm, Christian Kraus und Harald Stehr sowie Martin Kindt aus Tauberbischofsheim.

So gab es auch ohne Kothny bei den beiden Mannschaftsweltcups die Plätze vier und drei. Am Wochenende in Eislingen hofft Rieg auf ein „noch besseres Ergebnis”. Denn der Mannschaftsweltcup ist ausschlaggebend für das Setzen der Nationen bei der Weltmeisterschaft im Oktober in Nīmes. Wer da vorne steht, bekommt bei der WM anfangs leichtere Gegner. Rieg wird am Wochenende Grimm, Kraus, Denis Bauer und Kothny oder Kindt ins Rennen schicken.

Mit der Entwicklung im Säbel ist der Eislinger auf breiter Basis sehr zufrieden. „Mit den beiden Medaillen in Sydney haben wir eine ganze Stufe übersprungen”, erklärt er, wohl wissend, dass die schwierige Phase jetzt kommt. „Die erste Medaille zu erreichen ist einfach. Viel schwieriger ist es, eine Leistung zu wiederholen.” Zumal Teamchef Matthias Behr, der seit zweieinhalb Jahren gemeinsam mit Rieg den Aufstieg in der Hieb- und Stichwaffe akribisch geplant und forciert hatte, künftig nicht mehr bei allen Turnieren dabei sein wird. Behr soll sich auch um die anderen Waffen kümmern. Trotzdem ist Rieg wegen des talentierten Nachwuchses optimistisch: „Wir haben Jungs, um die uns die ganze Welt beneidet. Die meisten anderen Länder setzen nur auf alte Säcke.”


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