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10.000 Baht, wer Willi schlägt

Meldung vom 04.06.2006, Copyright www.kothny.de

Es mag ungewöhnlich sein, dass ein Vater ein Monats- gehalt eines thailändischen Lehrers für den Sportler aus- schreibt, der seinen Sohn besiegt (Bedingungen weiter unten). Warum tut der Vater das? Die nachfolgende Analyse macht es deutlich:

1½ Jahre war Wiradech Kothny als Tsunami-Aufbauhelfer in dem Fischerdorf Ban Bangsak tätig. Er ließ dafür als gesetzter Top 16-Fechter der Welt seine Sportkarriere sausen. Jetzt, wo die Arbeit bei den Seezigeunern im Wesentlichen getan ist, kehrt er zu Planche und Uni zurück.

Bei den Weltcups in Madrid und Padova erlebte er eine große Überraschung:

  1. Das Fechten ist in den 1½ Jahren schneller und athletischer geworden

  2. Die Chinesen und Koreaner (Top 8) stoßen in die Weltspitze vor

  3. Von Thais keine Spur, dafür sind Fechter aus Hongkong präsent

Das wird Auswirkungen auf die Asienspiele haben. Gravierender: Die Koreaner werden - wie in Busan - keinen Peter Erdei mehr brauchen, der Willi mehr zusetzt als sein Gegner Doo Hom Kim und der vom schlechten Gewissen über den geschenktem Sieg geplagt ohne Jubel die Halle verließ. Heute vermögen die Koreaner ohne Hilfe von Obleuten den Thai-Säbler zu schlagen. Und die Chinesen sowieso. Gleich reihenweise schickten sie bei den letzten vier Weltcups deutsche Top-Fechter vorzeitig in die Kabine - und nicht nur die. China und Korea haben seit den letzten Asienspielen (und davor) konsequente Aufbauarbeit geleistet. Jetzt ernten sie den Lohn.

Rückblick:

Und Thailand? Als Willi zum thailändischen Fechtverband AFAT wechselte, wurde er von einigen der damaligen Präsidiumsmitglieder allein gelassen - ja sogar bekämpft; In seine Trainingsstätte schmiss man ihm eine halb kaputte Fechtbahn hin, als Licht gab er eine flackernde Funzel, der Kraftraum wurde um 20 Uhr geschlossen. Stattdessen gab es Überwachung durch Geheimagenten (Mr. Nopporn damals: „Wir wissen ständig, wo Willi sich herumtreibt.”). Zudem verweigerte man sowohl die Rückerstattung von vertraglich zugesagten Turniergeldern ( ca. ½ Mio Baht) als auch die Auszahlung der von der Sport Authority of Thailand an die AFAT überwiesenen Sporthilfe. Ähnlich verfuhr man damals auch mit Nonthapat. Auch er wartet heute noch auf die Rückerstattung von Turniergeldern aus der Zeit vor den olympischen Spielen von Athen.

Dies alles ist Geschichte. Heute hat sich vieles gebessert, ist ehrlicher und transparenter geworden, Dennoch: Die AFAT täte gut daran, das alte Kapitel aufzuarbeiten und von den damals Verantwortlichen Rechenschaft über den Verbleib des Geldes zu fordern. Man könnte mit diesem Geld eine Menge für die Zukunft des thailändischen Fechtsports bewirken. denn: Es muss eine Menge getan werden, um den Anschluss an die Welt nicht zu verpassen. Für Peking ist der Zug zwar längst abgefahren, aber Thailand sollte endlich aus der Situation heraus, in Asien dauernd gegen die rote Laterne im Fechtsport ankämpfen zu müssen. Dazu kommt: Ab 2008 wird es keinen Willi mehr geben, der in den Mannschaftskämpfen bei Asien- und SEA Games für Thailand die Glut aus dem Feuer holt.

Was ist zu tun?

Ich weiß, dass ich mich wiederhole, denn alle Ratschläge, die jetzt kommen, sind längst formuliert und auf dieser Homepage nachzulesen. Auch habe ich sie auf thailändischen Fechtturnieren immer wieder artikuliert.

Hier die Wichtigsten:

  1. Fechten muss schon in der Jugend mit ca. 10 Jahren beginnen.

  2. Der Sport muss an der Leistung orientiert sein. Das heißt: Nur die aktuelle Rangliste zählt. Die ersten beiden sind für das National-Team qualifiziert. Der dritte und vierte kann vom Trainer außerhalb der Rangliste bestimmt werden, wenn besondere Umstände vorliegen (z.B. Studium im Ausland oder gute Platzierung in der Weltrangliste). Die Kriterien müssen vor Saisonbeginn festgelegt und veröffentlicht sein, damit jeder Sportler weiß, wo der Hase langläuft.

  3. Maßstab für die Leistung muss die WM-Qualifikation bleiben. Das heißt: Teilnahme von mindestens drei Fechtern bei vorher festgelegten Einzel- und Mannschafts- Weltcups, und zwar mit Trainer. Fehlt der Trainer, können neue Trends nicht erkannt und umgesetzt werden. Die Reisen müssen von der AFAT bezahlt werden. Es kann ja nicht sein, dass sich nur Reiche die Teilnahme leisten können, während Arme daheim bleiben.

  4. Keine Entmutigung durch schlechte Resultate. Was die Thai-Mädchen in Hanoi gezeigt haben, war sicher nicht gut, aber sie wissen jetzt, wohin die Reise geht und sie wissen, dass SEA-Games im Vergleich zu einem Grand Prix Kindergartenfechten ist.

  5. Entflechtung der Disziplinen: Nationale Wettkämpfe dürfen nicht immer in allen Disziplinen und für alle Geschlechter gleichzeitig veranstaltet werden. Jede Disziplin muss in die Lage versetzt werden, sich auf den internationalen Turnierkalender ihrer Waffe einzustellen. (Es darf nicht angehen, dass ein Willi Kothny vor dem Tsunami unter den besten 16 der Welt zu finden war, in Thailand aber nur Position 58 belegte, nur weil die nationalen Wettkämpfe jeweils auf Weltcup-Terminen lagen).

  6. Und schließlich: Fechten wächst nur im Team. Einzelkämpfer, wie Om, Non oder Willi bewirken im Lande nichts, wenn es um sie herum kein Team gibt. Nur die gegenseitige Herausforderung macht stark. Hätten ein Willi Kothny und ein Dennis Bauer nicht als Teenager die alte deutsche Garde von der Planche hauen müssen, sie hätten in Sydney auch keine Medaille geholt. Nur die Konkurrenz macht stark.

Das thailändische Fechten hat trotz vieler Fortschritte unter neuer Führung noch keinen wirklichen Durchbruch erzielt. Es bedarf dazu einer REVOLUTION. Ich als Farang kann diese Revolution in Thailand nicht vollbringen, aber anstoßen kann ich sie.

Deshalb setze ich, als Papa von Willi, einen Preis in Höhe von 10.000 Baht für den thailändischen Fechter aus, der gegen meinen Sohn erstmals gewinnt.

Bedingungen:

Es muss sich um ein reguläres Gefecht bei einem ausgeschriebenen Turnier handeln (Q-Turnier, Nationales oder Internationales Open-Turnier und höherwertig). Der Sieg muss durch 15 Treffer erfochten werden. Ein Sieg wegen Verletzung zählt nicht. Der Sieg muss vor den Olympischen Spielen in Peking errungen werden. Vielleicht stockt die AFAT oder eine Zeitung oder TV/Radio die Summe noch auf und übernimmt das Geld bis zur Auszahlung.

Liebe AFAT: Revolutioniert das thailändische Fechten. Packen Sie an: Schon beim nächsten Weltcup in Teheran sollten die besten drei Thais an den Start gehen und von einem Coach betreut werden. Dasselbe gilt für Degen und Florett. Wie heißt doch das Moto bei den drei Musketieren: Einer für alle, alle für einen.

Und wenn die Spitze oben schläft, dann muss das Feuer eben von unten kommen.

Herzlichst Ihr



Erik Kothny


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