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Khun Willi, ein Botschafter der Herzen

Meldung vom 26.12.2006, Copyright www.kothny.de

Vor zwei Jahren, am 26. Dezember 2004, überrollte ein Tsunami die Küsten am Indischen Ozean. Als sich die Wassermassen ins Meer zurückzogen, war nichts mehr so, wie vorher. Auch das Leben des Studenten und Sportlers Willi Kothny hat die Flut verändert.

Man nennt ihn ”Khun” Willi, obwohl er erst 27 Jahre ist. Das Thailändische ”Khun” heißt wörtlich übersetzt ”Herr”, aber unterschwellig schwingt noch etwas mehr mit:

Es ist eine Ehrerbietung, die einem kein König verleihen kann. ”Khun” ist eine vom Herzen verliehene Auszeichnung, die der so bezeichneten Person Hochachtung und Respekt zollt.

Den ”Titel” muss man sich verdienen, und Willi Kothny hat ihn verdient: Er verlässt am 28. Dezember 2004 spontan den Hörsaal seiner Uni in Bangkok und steigt ins nächste Flugzeug nach Phuket, um den Opfern des Tsunami zu helfen. Er bringt als Helfer alle Voraussetzungen mit: Er spricht Deutsch, Thai und Englisch. Und: Er hat ein Kämpferherz. Doch der Reihe nach:

Lebensweg und Sportgeschichte

Wiradech ”Willi” Kothny wird im thailändischen Kanchanaburi (Brücke am Kwai) geboren, mit 3½ Jahren von dem SWR-Journalisten Erik Kothny adoptiert. Dadurch erhält er die Deutsche Staatsangehörigkeit. Wiradech wohnt seit 1986 in Koblenz und studiert an der Bangkok International University Kommunikationswissenschaften.

In Deutschland ist Willi (seine Deutsche Oma konnte den Namen Wiradech nicht aussprechen) längst kein Unbekannter mehr. Kothny schreibt sogar sporthistorische Schlagzeilen, als er im Jahr 2000 als erster Deutscher eine Olympiamedaille im Säbelfechten (Einzel) gewinnt. Eine zweite Bronzemedaille mit der Mannschaft rundet den Erfolg des Junioren-Welt und Europameisters ab.

Die Herzen erobert er schon damals in Deutschland, als er bei der Siegerehrung in Sydney den von ihm zuvor eliminierten Ersatzmann Eero Lehmann aufs Podest zieht und ihm seine Bronzemedaille für den Mannschaftskampf schenkt. Dafür wird er von der ARD mit dem ”Fair-Play-Preis” ausgezeichnet, später erhält er aus der Hand des Bundespräsidenten das silberne Lorbeerblatt.

Der Aufbauhelfer

Genau so entschluss- und einsatzfreudig wie im Sport, zeigt sich Kothny in der durch den Tsunami verursachten Krisensituation: Als er das Ausmaß der Zerstörung im Fernsehen sieht, fliegt er aus eigenem Antrieb in den Süden Thailands, um Deutschen Touristen zu helfen, Tote zu bergen und später als Beauftragter der Deutschen Botschaft die Rettungshundestaffel I.S.A.R. (Duisburg) bei der Suche nach Verschütteten zu unterstützen.

Bereits eine Woche nach der Todesflut beginnt er mit dem Aufbau eines völlig zerstörten Fischerdorfes: Ban Bangsak. Mit deutschen Spendengeldern kann er nur drei Monate später den Bewohnern 30 schlüsselfertige Häuser übergeben. Von der Uni hatte er sich von den Vorlesungen befreien lassen und schafft dennoch alle Klausurprüfungen.

Dem für den Aufbau eigens gegründeten Projekt ”Willi hilft” schließen sich etwa 100 Bürger aus 15 Nationen an; die meisten davon aus Deutschland. Sie fliegen auf eigene Kosten nach Thailand, um beim Aufbau zu helfen.

500.000 Euro privater Spender bilden die finanzielle Grundlage eines Projektes, das schnell zu einem Vorzeigeobjekt der Deutschen Botschaft avanciert. Die Deutschen hatten Willi nicht vergessen. Sie vertrauen ”ihrem” Olympiakämpfer und wissen ihr Geld in guten Händen.

Sein Herz zeigt er auch gleich vor Ort, als er sich für die Belange unterprivilegierter Sea-Gypsies einsetzt. Er protestiert erfolgreich gegen den Bau eines von der Deutschen Regierung finanzierten Krankenhauses. Für das Prestigeobjekt wollen skrupellose Landlords die Morgans - wie sich die Seezigeuner selbst nennen - von ihrem angestammten Wohngebiet vertreiben.

Eine Delegation der Deutschen Botschaft überprüft die Verhältnisse vor Ort und lässt den Bauplatz des Hospitals verlegen. Die Morgans können bleiben. Für sein mutiges Eintreten wird der Fechter von Thailändischen Journalisten zum ”Sportsman of the Year” gewählt - obwohl er seit dem Tsunami keinen Säbel mehr in die Hand nimmt.

Als das Dorf steht, organisiert der Deutsch-Thailänder von seinem Studienplatz in Bangkok aus, die weitere Zukunft des Dorfes. Durch mehrere Projekte, wie Bootsbau, Baustofffirma, Resort, Schule, Kunsthandwerk und Wasseraufbereitung sollen die rund 100 Einwohner von Ban Bangsak eine sichere Existenz erhalten und Anfang 2006 in die Selbständigkeit entlassen werden. Für Menschen, die durch alle sozialen Netze gefallen sind, lässt er 18 weitere Häuser bauen. Für sein soziales Engagement wird Willi von der Don-Bosco-Stiftung ”Philippas Engel” ausgezeichnet.

Der Wanderer zwischen den Welten

Viele Menschen verehren Willi als ”Held”. Doch das ist er nicht. Das, was er vollbracht hat, ist eine Mischung aus Zufall, Erziehung, Durchsetzungsvermögen und Herz.

Der Zufall wollte es, dass Willi Kothny von einem Deutschen Journalisten adoptiert wird. Dadurch stehen ihm alle Türen zu eine guten Bildung offen. Doch die nutzt er anfangs noch nicht einmal, bringt in steter Regelmäßigkeit im Zeugnis Fünfer und Sechser im Doppelpack nach Hause. Erst nach Gewinn der beiden Bronzemedaillen, meint er: „Als Medaillengewinner kann ich doch nicht durchs Abi rasseln”, und schreibt von da an keine Arbeit mehr schlechter als 3. Der Sport als Antriebfeder.

Auch in den Sprachen erweist sich der Sport als Katalysator. Willi lehnt es als Junge ab, Thai zu lernen: „Ich bin Deutscher”, sagt er. Vor den Verwandten flieht er, weil sie ihn als ”Farang-Sohn” ausnehmen, Lehrerinnen lehnt er ebenso ab, wie thailändische Spielkameraden.

Doch der Vater überlistet ihn mit einem Trick: Er besucht mit dem damals 13-Jährigen einen Thailändischen Fechtclub, lässt ihn kämpfen. Willi schlägt die ganze Thailändische Nationalmannschaft. Ein paar Tage später wird er Thailändische Meister; muss den Titel verschweigen, weil er als Deutscher gar nicht hätte teilnehmen dürfen.

Doch er hatte gar nicht gewusst, das es eine nationale Meisterschaft war. Doch eines blieb: Thailändische Freunde. Fechter aus Bangkok hatten Willi in ihr Herz geschlossen, laden ihn immer wieder zu Turnieren nach Bangkok ein. Und ohne es zu wollen, lernt Willi durch die ständigen Kontakte mit Thais seine Muttersprache.

Und noch etwas: Durch den Umgang mit Thais lernt er auch Kultur und Mentalität seines Geburtslandes kennen. Willi wird ein Wandler zwischen den Welten: Ein Deutscher Botschafter in Thailand und ein Thailändischer Botschafter in Deutschland. Nur so ist es zu verstehen, dass er sein Tsunami Hilfsprojekt so zielstrebig vorwärts bringt.

Nächtelang palavert er mit Einheimischen, lässt sie entscheiden, wie sie ihr Dorf aufbauen möchten, all zu forschen Farangs (Weißer) weist er in die Schranken: „Die Morgans sind hier die Chefs, wir sind nur deren Helfer”. In Crash-Kursen zum Frühstück bringt er ausländischen Helfern ein paar Brocken Thai bei. Dadurch öffnet er die Herzen der Einheimischen.

Und noch etwas tut ”Khun” Willi. Die Morgans gehören als ”Neu-Thailänder” zu einer Bevölkerungsschicht, um die sich nie jemand so richtig gekümmert hat. Er wertet ihr Selbstwertgefühl auf, indem er den Chef der Thailändischen Streitkräfte, General Chaisit Sinawathra, zur Eröffnung des Ferienresorts einlädt.

Der ranghohe Offizier kommt, und mit ihm kommen Presse, Rundfunk und Fernsehen. Im Laufe eines Jahres werden in Europa und Thailand mehr als 50 Fernsehbeiträge über Willi Kothny ausgestrahlt und weit über 200 Zeitungsmeldungen verbreitet. Und die Journalisten staunen nicht schlecht: Da hat doch ein Student der Kommunikationswissenschaft, ohne jede fachliche Vorbild 50 Häuser mit Wasseranschlüssen und Kanalisation gebaut, 20 Boote, ein Resort, eine Baustofffirma ...

Und am Ende wird Willi mit Khun angesprochen. Eine Geschichte mit Happy End? Ja und nein. Ja, weil Willi einem zerstörten Fischerdorf an der Andaman wieder Kraft zum Weiterleben gegeben hat. Ja, weil er während der Aufbauarbeiten Vater eines Jungen wird. Er nennt ihn nach den Sea-Gypsies ”Morgan”.

Und nein, weil Anfang 2006 die Spenden für den Aufbau ausbleiben und weil durch den Bau von 20 zusätzlichen Häusern für soziale Notfälle, 20.000 Euro für ein Multifunktionsgebäude fehlen. Es war als sozialer Treffpunkt zwischen den Morgans und Touristen gedacht. Eine Schule sollte hinein, ein Restaurant, ein Museum. Mit einem enormen Kraftakt schafft es Willi über die IHK Koblenz von Firmen 10.000 Euro einzutreiben.

Doch wer zahlt den Rest? Willi, inzwischen wieder zum Sport zurückgekehrt, gewinnt bei den Asienspielen in Doha zwei Bronzemedaillen. Dafür bekommt er 10.000 Euro Preisgeld. Die gehen erst mal in die Fertigstellung des Projektes, bis sich weitere Spender finden. Denn die Übergabe des letzten Abschnitts ist für den 7. Januar terminiert.

Willi hat seinen Job gut gemacht! Mit Fleiss, Ausdauer und Herz. Er hat für Notleidende Menschen den Hörsaal verlassen, seine Sportkarriere unterbrochen und schließlich auch noch Geld vorgestreckt, obwohl er selbst kein Einkommen hat und eine Familie ernähren muss. Die Thais haben ihm dafür ein ”Khun” geschenkt.

Spenden zur Restfinanzierung an: ”Willi hilft”, Volksbank Koblenz Mittelrhein, 570 900 00. Konto: 120 7337 010

(Siehe auch: www.kothny.de und www.morganholiday.de).




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